Nr. 19

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aventinus generalia Nr. 19 [23.04.2013] / Skriptum 2 (2012), Nr. 2 (Unveränd. Nachdruck) 

[Gastbeitrag]

Markus Würz 

Der Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V.

Ein Geschichtsverein mit studentischen Wurzeln 

Dass studentische Initiativen auf dem Feld der Geschichtswissenschaft in Mainz einiges bewegen können, zeigt nicht nur das jüngste Beispiel der Onlinezeitschrift „Skriptum". Auch der Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V., der im nächsten Jahr 30-jähriges Jubiläum feiert, entstand aus dem Engagement einiger Mainzer Geschichtsstudenten heraus.

Ein kurzer Blick in die Geschichte

Das Angebot an Lehrveranstaltungen am Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz präsentierte sich Anfang der 1980er Jahre nämlich nicht gerade auf der Höhe der Zeit und ließ neuere Strömungen der damaligen Geschichtswissenschaft vermissen. Dies war die Zeit der Sozial-, der Alltagsgeschichte, der Oral History und der „Geschichtswerkstätten“, in denen Bürgerinnen und Bürger als „Barfußhistoriker“ [1] die Historie ihrer Stadt entdeckten. Ein Lehrstuhl für Zeitgeschichte existierte damals noch nicht – er wurde erst 2002 geschaffen – und so war eine Vorlesung zum Ersten Weltkrieg das zeitlich jüngste, was angeboten wurde. Aus der Unzufriedenheit mit dem fehlenden Lehrangebot und dem Wunsch heraus, auch für Mainz entsprechende Themen aufzuarbeiten und die noch lebenden Zeitzeugen als wichtige Geschichtsquellen zu nutzen, entwickelte sich zunächst eine private Arbeitsgruppe aus Studenten. Im Winter 1982/83 fanden erste Treffen statt, man erarbeitete einen Leitfaden und schließlich wurden Mainzerinnen und Mainzer aus der Arbeiterbewegung, die noch die Jahre der Weimarer Republik und die Machtübernahme der Nationalsozialisten miterlebt hatten, interviewt. Um dem Projekt einen festen organisatorischen Rahmen zu geben, wurde Anfang September 1983 von neun Personen der Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V. gegründet. Seitdem widmen sich die Ehrenamtlichen des Vereins – historisch interessierte Laien, Historiker und Studenten – der „Erforschung und Dokumentation der sozialen Verhältnisse und der demokratischen Traditionen in Mainz und Umgebung im 19. und 20. Jahrhundert“ [2] und präsentieren in Ausstellungen, Stadtführungen, Vortragsabenden, den „Mainzer Geschichtsblättern“ oder der Website „Mainz im Nationalsozialismus 1933-1945“ [3] ihre Ergebnisse. [4]

Studentisches Engagement heute

Und auch heute sieht sich der Verein für Sozialgeschichte eng verbunden mit den Studenten der Geschichtswissenschaft des Historischen Seminars. Er will diesen in seinen Aktivitäten und Publikationen Raum geben, sich einzubringen und auszuprobieren, sich aber auch mit seinen Inhalten an sie richten: Die „Mainzer Geschichtsblätter" und deren Sonderhefte bieten studiumsrelevante Themen mit Lokal- und Regionalbezug an, so etwa zu „Mainz und der Erste Weltkrieg“ [5], „Mainz, Wiesbaden und Rheinhessen in der Zeit des Nationalsozialismus“ [6] oder „Mainz und Rheinhessen in der Revolution von 1848/49“ [7]. Auch entstehen die Aufsätze der Hefte vielfach aus studentischen Abschlussarbeiten heraus. So wird beispielsweise Heft 15, das im Frühjahr 2013 erscheinen wird, einen Beitrag von Sina Schiffel über den Widerstandskämpfer Jakob Steffan enthalten. Der Mainzer Alumnus Ulrich Hausmann lieferte für den im Januar 2013 erscheinenden Quellenband „Leuchte der Diaspora – Zeugnisse jüdischen Lebens in Mainz und Bingen“ einen einführenden Beitrag. Gedacht ist das Heft, das zusammen mit dem Stadtarchiv Mainz und dem Verband der Geschichtslehrer Rheinland-Pfalz erarbeitet wurde, für den Einsatz im Schulunterricht und so enthält es neben einer didaktischen Grundlegung rund 50 Arbeitsblätter bestehend aus historischer Einleitung, bearbeiteter Quelle, Arbeitsvorschlägen und Literaturhinweisen. Für 2014 ist ein zweiter Band der Reihe zum Ersten Weltkrieg angedacht. Eingebunden sind Studenten auch in die anderen Arbeitsbereiche des Vereins: Zuletzt erarbeiteten zwei Studentinnen lokale Ergänzungstafeln für die Ausstellung „Vergessene Rekorde. Jüdische Athletinnen und Athleten vor und nach 1933“ [8], die im Sommer 2012 in der Synagoge zu sehen war. In der Arbeitsgruppe Stadtführungen, die die unterschiedlichen Rundgänge [9] des Vereins anbietet, nutzen Geschichtsstudenten die Möglichkeit, auf anschauliche Weise interessierten Laien und Schulklassen historisches Wissen zu vermitteln und dies didaktisch vorzubereiten. Der Rundgang „Auf den Spuren des Nationalsozialismus durch Mainz“ wurde bereits 2002, bearbeitet von einem damaligen Studenten, als Broschüre [10] veröffentlicht, die es jedermann ermöglicht, diesen auch ohne Führung zu begehen. Derzeit bereitet ein dreiköpfiges Team aus Studenten ein ähnliches Heftchen für den Rundgang „Auf den Spuren der Demokratie durch Mainz“ vor. Geplant ist es, zu allen fünf vom Verein angebotenen Stadtführungen Broschüren zu veröffentlichen.

Das jüngste Projekt ist die Verlegung von sog. Stolpersteinen. Mitte März 2013 werden auf Initiative des Vereins 22 Steine in der Mainzer Alt- und Neustadt gesetzt, die an jüdische Opfer des Nationalsozialismus erinnern sollen. Parallel hierzu werden kurze Biographien der einzelnen Personen auf einer Webseite [11] veröffentlicht, die noch von einer Arbeitsgruppe recherchiert werden müssen. Auch eine gedruckte Broschüre soll erstellt werden. Auf der Webseite ist weiterhin eine Georeferenzierung der Mainzer Stolpersteine geplant, die anschließend die Bereitstellung der Biographien und Stolpersteinansicht in einem interaktiven, kartenbasierten Rundgang ermöglicht.

Neuzugänge herzlich willkommen

Dem Verein für Sozialgeschichte Mainz gehören zwar fast 100 Mitglieder an, die Arbeit wird allerdings von einem kleinen Kreis „Aktiver“ bestritten, die sich jederzeit über interessierte und engagierte Neuzugänge freuen. In all den genannten Bereichen besteht für Studenten die Möglichkeit, sich einzubringen, zu lernen und sich auszuprobieren. 

Weitere Informationen zum Verein, seinen Aktivitäten und Publikationen lassen sich unter www.sozialgeschichte-mainz.de finden. Wer sich gerne regelmäßig über die Vereinsaktivitäten informieren lassen oder sich engagieren will, meldet sich bitte unter:

Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V.
c/o Dr. Markus Würz
Hafenstraße 3
55118 Mainz
E-Mail: wuerz(at)uni-mainz.de

 

Dr. Markus Würz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Arbeitsstelle Handbuch der Geschichte von Rheinland-Pfalz und Vorsitzender des Vereins für Sozialgeschichte Mainz e. V.


Lizenz für den Text und die Anmerkungen: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland (CC BY-ND 3.0)


Unveränd. Zweitpubl. v. Markus Würz: Der Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V. Ein Geschichtsverein mit studentischen Wurzeln, in: Skriptum. studentische onlinezeitschrift für geschichte und geschichtsdidaktik Ausg. 1/2012, URN:
urn:nbn:de:0289-2012110239

 

Anmerkungen

Empfohlene Zitierweise

Würz, Markus: Der Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V. Ein Geschichtsverein mit studentischen Wurzeln. aventinus generalia Nr. 19 [23.04.2013] / Skriptum 2 (2012), Nr. 2, in: historicum.net, URL: http://www.aventinus-online.de/no_cache/persistent/artikel/9800/

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Erstellt: 22.04.2013

Zuletzt geändert: 22.04.2013